In der regnerischen und stürmischen Nacht auf den 17.09. wurde ich 19 Jahre alt. Am Tag zuvor hingen wir noch in Hängematten direkt am Ufer eines seichten Flusses, den wir mit den Fahrrädern durchquert hatten und wollten dort schlafen. Ein deutschen Camper, der schon viele Male in dieser Gegend Albaniens war und die Lage dementsprechend einschätzen konnte, gab uns den Hinweis, dass es über Nacht möglicherweise kurzfristig regnen könnte, wenn auch nicht dort wo wir schliefen, und dann der Flusspegel innerhalb kurzer Zeit so stark ansteigen könnte, dass wir am nächsten Tag nicht zurückkommen könnten. Also zurück auf die vorherige Flussseite an der Straße und dort das Zelt aufgebaut. Es war die richtige Entscheidung umzuziehen!
Ein frühzeitiges Geburtstagsgeschenk machte mir ein Pärchen, das wir am selben Platz am Nachmittag kennen lernten und die uns zum Essen einluden. Es gab Pfannkuchen, angesichts unserer primitiven Küchenausrüstung eine besonders große Freude! Gut gestärkt und auf der richtigen Seite des Flusses schlafend startete ich also in mein 19. Lebensjahr.
Nachdem wir im Zelt mit Regengeräuschen ausgeschlafen hatten und Adrian mir Happy-Birthday Lieder vorgespielt hatte, nutzten wir eine kurze Regenpause, um unser Zelt abzubauen und loszufahren. Nach sehr kurzer Zeit erreichten wir ein kleines Café, in dem ich noch meinen Geburtstagskaffee bekam und wo wir vom Wirt einen Teller mit frisch gegrilltem, sehr öligem Gemüse bekamen. Das war praktisch der Kuchen-Ersatz.
Von dem Café aus ging es weiter in Richtung Griechenland, das wir nach einer Passüberquerung bald erreichen sollten. Anders als bei Google Maps, Komoot, Maps.me und vielen weiteren Karten Apps, die ich überprüft hatte, hörte die Teerstraße aber nach ca. 10km auf und ging in eine Off-Road Piste über. Einheimische, die an der Kreuzung standen, meinten, dass die Piste ca. 20-30km lang und so steil sei, dass wir mit den Fahrrädern keine Chance hätten. Da wir nun aber schon mal da waren, wollten wir es zumindest probieren. Die ersten paar Kilometer waren auch noch nicht so übertrieben schwierig, dass man gleich hätte aufgeben müssen und so wir fuhren (im Regen) an Köhlern vorbei immer tiefer ins Tal.
Als es dann richtig steil wurde, fing es auch stärkerer an zu regnen und die Straße verwandelte sich mehr und mehr weg von einer Schotter- hin zu einer Lehmstraße – in Kombination mit dem Regen wirklich unpraktisch. Nachdem die Hinterreifen immer mehr durchdrehten und man keine Chance mehr hatte zu fahren, versuchten wir weiter zu schieben. Doch nach einer weiteren kurzen Strecke hatte sich so viel Matsch um die Reifen herum angesammelt, dass beide vollkommen blockierten und wir unsere 60kg Böcke wie einen Pflug durch den Schlamm ziehen und zerren mussten. Nach ein paar kläglichen Versuchen den Schlamm mit einem Stock zu entfernen, machte es jedoch keinen Sinn mehr. Es wurde noch steiler und das Gewitter legte so richtig los. Es donnerte und blitzte in dem Tal im 10-Sekunden Takt und die Matschstraße verwandelte sich in einen dreckigen Schlammbach. Unabhängig davon, dass wir nicht mehr voran kamen, bekamen wir auch zunehmend Angst vor einem Erdrutsch, weshalb wir schlagartig umdrehten. Auf halbem Weg zurück ging auch tatsächlich auf der gegenüberliegenden Talseite eine kleine Schlammlawine ab und wir versuchten deshalb um so schneller wieder aus dem Tal herauszukommen. Was uns richtig frustierte, war, dass wir von den angeblichen 20-30 Kilometern immerhin schon 10 hatten.
Zurück bei dem Café vom Morgen begrüßte uns der Wirt mit den Worten „Ich hab’s euch doch gleich gesagt“, was ja auch stimmte, aber wir wollten eben nicht hören.
Er bot uns an, dort unter dem Dach seines Cafés im Trockenen zu zelten, weshalb wir den restlichen Abend sehr gerne dortblieben. Es kamen auch noch 4 Freunde von ihm dazu mit denen wir dann ordentlich aßen und tranken. Mir wurde sogar noch einmal Happy Birthday gesungen! Ein weiterer Gast, der in der Früh vorbei kam hatte noch eine gefesselte Ziege dabei, der er einen Sack über den Kopf stülpte, damit sie ruhiger war. Das fanden wir beide sehr befremdlich.
Die 250km Umweg, die wir nun vor uns hatten, waren an diesem Abend fast ganz vergessen…
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