Ab Konitsa hatten wir einen großen Anstieg auf einen Pass vor uns. Um diesen zu überwinden, brauchten wir über zwei Tage und schliefen beim ersten Mal mit Blick auf eine Kleinstadt.
Die Nacht an der Straße war unruhig. Adrian wachte aufgrund von Bauchschmerzen mehrmals auf und hörte einmal Stimmen und sah Lampen, die auf unser Zelt leuchteten. Er weckte mich, da er dachte es sei die Polizei, so dass ich mich vorbereiten konnte. Letztendlich kam aber niemand und wir wissen bis heute nicht, wer das war. Als es den nächsten ganzen Tag bergauf ging merkte ich, dass mit Adrian etwas nicht stimmte. Er beklagte sich zwar schon seit dem Abend davor über Bauchschmerzen, aber bisher hatte ich mir noch nichts gedacht. Normalerweise ist Adrian aufgrund seiner nicht so kleinen Gänge bergauf immer schneller als ich. Dieses Mal jedoch blieb er immer weit hinter mir. Als ich bemerkte, dass er schon seit längerer Zeit nicht mehr hinter mir war, entschied ich kurz in einem Fluss zu baden, um auf ihn zu warten. Er kam recht schnell, wirkte aber nicht sonderlich fit. Die letzten Höhenmeter zum Pass waren für ihn ein Kampf. Mehrmals sagte er mir, sobald ich irgendetwas sähe, wo wir schlafen könnten will er anhalten. Ich fand auch einen sehr schönen Platz auf dem Pass.
Am nächsten Tag in der Früh ging es ihm noch schlechter. Seine Idee war, 30 km in die nächste Stadt zu fahren, von der aus es einen Bus gab. Wir schafften es aber gerade so in die nächste Ortschaft, die 8 km entfernt bergab war. Dort lernte ich einen älteren Griechen kennen, den ich schnell unser Problem erklären konnte und der uns weiterhalf. So bekamen wir in der kleinen Ortschaft Pentalofos eine Unterkunft und Adrian konnte sich den ganzen restlichen Tag ausruhen. Am nächsten Tag war es immer noch nicht besser. Wir telefonierten mit meinem Onkel, der Arzt ist, und uns aufgrund der Symptome von Durchfall, Bauchweh, Übelkeit, Fieber und eine angespannten Bauchdecke anwies, noch am selben Tag einen Arzt aufzusuchen.
Das war gar nicht so leicht, denn der Arzt in diesem Dorf ist nur manchmal da und man muss im zentralen Supermarkt nachfragen. Der Verkäufer sagte mir, dass die Ärztin erst morgen wieder da sei. Also organisierte ich ein Taxi, übrigens das einzige im Dorf, das uns zum 30 km entfernten nächsten Medicenter fahren konnte. Die Ärztin dort, die zum Glück ein wenig Deutsch konnte, dachte aufgrund einer Blutuntersuchung, dass es sich um eine Blinddarmentzündung handele. Nur dummerweise hat Adrian keinen Blinddarm mehr. Auf diese Anmerkungen verschrieb sie ihm kurzerhand zwei Tage Krankenhaus mit Antibiotika Infusion. Ohne Vorlauf wurde er eingepackt, in einen Krankenwagen verladen und nach Kozani, der nächsten Stadt mit einem Krankenhaus, welche weitere 60 km weg war, gefahren.
Es wäre ja alles kein Problem gewesen, hätte Adrian ein Ladekabel und sein Ladegerät mit dabei gehabt, so dass wir weiterhin hätten kommunizieren können. Hatte er aber nicht.
Es blieben uns noch 60% Rest Akku und 2 Minuten im Krankenwagen, um auszumachen, wie’s weitergehen würde.
Ich fuhr mit dem Taxi wieder zurück, packte den ganzen Abend lang unsere Taschen und zerlegte unsere Räder, um mich am nächsten Tag von der Taxifahrerin mit ihrem Privatauto, einem Jeep (da sollten die Räder leicht reinpassen) inklusive Gepäck und Räder auch nach Kozani fahren zu lassen, in ein Hotel zu gehen und auf Adrian zu warten, bis er aus dem Krankenhaus käme.
Doch noch am selben Abend rief mich Adrian an, dass er nach 4 Stunden Warten nun ein Rezept für verschiedene Medikamente habe, aber doch nicht über Nacht bleiben solle und er jetzt gehen müsse, um in der Apotheke noch seine Medikamente zu bekommen. So versuchte der völlig entkräftete Adrian noch seine Medikamente zu holen und danach in das Hotel zu gehen, in das ich mich für die Nacht darauf eingebucht hatte.
Irgendwie schafft er es auch die 3 km durch die fremde Stadt zum Hotel zu finden, doch er hatte nur 30 € dabei und versuchte deshalb dem Besitzer zu erklären, dass ich morgen für ihn zahlen würde. Daraufhin rief mich der Besitzer an und wollte ein Bild von meinem Personalausweis.
So weit so gut: Adrian hatte ein Zimmer und konnte sich ausruhen und ich musste jetzt nur noch zu ihm kommen.
Der angebliche Jeep war ein geländegängiger Suzuki in der Größe eines Golfs. Wir mussten die hinteren Sitze umlegen, damit mein Fahrrad ohne Reifen diagonal gerade so rein passte, dazu kam dann noch Adrians Fahrrad, vier Räder und zehn vollgepackte Taschen. Ich musste noch eine Tasche im Fußraum und eine Tasche auf dem Schoß haben, aber es gibt Schlimmeres. Nach 2 Stunden Fahrt hatten wir die 90 km hinter uns und ich war in Kozani bei Adrian.
Nach der ganzen Hektik brauchte es nicht nur für Adrian, sondern auch für mich mal wieder Pause. So blieben wir die nächsten drei Nächte fast ausschließlich in unserer Unterkunft und ich hatte die Gelegenheit meine Kleidung in die Waschmaschine der Wohnung zu stecken. Als es Adrian nach den ersten beiden Nächten wieder besser ging, konnten wir auch wieder überlegen, wie es nun weitergehen sollte…
Was vor lauter Organisation, Packen und Aufregung noch war – in Konitsa fuhr ein verdreckter Gelände-Pick-Up auf den Hauptplatz, der eine tote Wildsau geladen hatte…
Share this content: