Zwei sehr schöne Tage verbrachte ich mit dem französischen Pärchen, wir zelteten zusammen, kochten gemeinsam oder gingen ins Restaurant. Am Abend, bevor ich die Franzosen verlassen wollte (sie wollten nach Antalya, ich Richtung Osten nach Kapadokien) trafen wird zufällig an einer Ampel auf Cyprian, den ich schon aus Istanbul kannte. Cyprian wollte genau in meine Richtung und so war schnell klar, wir fahren zusammen .
Während ich in Istanbul war, übersah ich völlig, dass auch in der Türkei langsam Herbst wurde. Plötzlich war die Landschaft eher orange. Die ersten Tage fuhren wir zwar viele Kilometer auf der Autobahn, weil es für uns der schnellste und einfachste Weg war, dennoch schauten wir uns auch eine Moschee an, die aus der Zeit der Seldschuken kam. Dieses Nomadenvolk kam aus Zentralasien und herrschten für ca. 150 Jahre zwischen dem byzantinischen und dem ottomanischen Reich. Irgendwann machte die Autobahn dann eine Kurve nach Norden, wir wollten aber weiter nach Osten. So fuhren wir in eine so abgelegene Gegend, wie ich sie auf der ganzen Reise bisher noch nicht hatte. Kleine Straßen, unbewirtschaftete Gegenden, manchmal Landwirtschaft, meist kleine Dörfer und die meistens 20km auseinander. Im Internet waren fast nie Märkte oder Geschäfte eingezeichnet, was es auch immer schwieriger machte, mit der richtigen Wassermenge zu kalkulieren.
In diesen Nächten in wüstenähnlichen Gebieten und unter freiem Himmel wurde es dann auch das erste Mal so richtig kalt. In Istanbul hatte ich mir extra ein Thermometer gekauft, so konnte ich ablesen, dass es mehrere Nächte unter -5°C und keine über Null war. Wenn wir dann mal einen Supermarkt fanden, wurden wir gleich zum Chai eingeladen und bekamen Teile des Einkaufs geschenkt.
Wir besichtigten auf dem Weg auch eine weitere Moschee, die zwar recht neu war, aber dafür innen wunderschön.
Kurz darauf erreichten wir Tuz Gölü (= türkisch für Salz See), den größten See in der Türkei. Wir überquerten den See auf einem Damm und erreichten dann Şereflikoçhisar, wo wir endlich wieder etwas essen konnten.
Für Cyprian waren die letzten 8km vom See bis zu dem Ort auf einer wirklich miserabel geteerten Straße alles andere als erfreulich. Ich dagegen konnte mich an einen der Salzlaster hängen, der mich dann die ganzen 8km zog. Über den Rückspiegel konnte ich mit dem Fahrer über Zeichen ein wenig kommunizieren und so hielt er eine Geschwindigkeit von knapp 30km/h ein, was auf einer Straße voll mit Löchern eh schon recht abenteuerlich war. Immer wenn etwa Gegenverkehr kam oder ein Loch so groß bzw. tief war, dass ich es nicht durchfahren konnte, musste ich den LKW loslassen. Der Fahrer bremste dann aber auch auf ca. 15km/h ab, sodass ich mich wieder ganz entspannt dranhängen konnte.
Der Fairness halber muss aber auch gesagt werden, dass Cyprian schon zwei Mal davor einen Bulldog erwischt hatte und sich einen ganzen Berg hochziehen ließ.
Ich hatte schon seit längerem Kontakt mit Pete, einem weiteren deutschen Radfahrer, den ich in einer der Radler-WhatsApp-Gruppen kennengelernt hatte. Ich wusste, dass er auch von Istanbul in Richtung Kapadokien unterwegs war, jedoch war ich durch meine Krankheit und die damit einhergehende Verzögerung mehrere Tage später aufgebrochen. Er empfahl uns eine heiße Quelle südlich von Kapadokien und schlug vor, dass er in der Gegend bliebe, bis wir kamen, damit wir gemeinsam weiterfahren konnten. Das freute mich sehr, denn ich wusste, dass er von dort auch Richtung Südosten (also Richtung syrische Grenze) weiterfahren wollte, genau wie ich – eine sehr schöne Perspektive.
Auf dem Weg bis zur heißen Quelle kamen wir noch durch Aksaray und gleich danach durch Selime, wo ich völlig unerwartet in Sandstein gemeißelte Höhlen sah. Diese wurden zum Teil von christlichen Mönchen zum Wohnen in Abgeschiedenheit, andere von Familien oder Gruppen genutzt. Deshalb findet man teilweise ganze Ansammlungen vieler Höhlen nebeneinander und manchmal einzelne Höhlen, bei denen man sich fragt, wie man dort überhaupt hinkommen soll.
Wir erkundeten die Höhlen zu Fuß, und wollten zwei Stunden lang bei jedem noch so kleinen Gang wissen, wo der hinführt.
Nach diesem Highlight ging es dann nur noch ein wenig bergauf, wo die heiße Quelle war. Dort trafen wir Pete und schliefen in einem verlassenen Haus (das ist viel wärmer als im Zelt, auch wenn das Haus keine Türe und keine Fenster mehr hatte). Zusammen mit Pete blieb ich dann bis 02:00 Uhr in dem 36° warmen Wasser. Ob das eine gute Idee war?
Nach dem Bad mussten wir in die feuchte und eiskalte Kleidung schlüpfen – auch eine Erfahrung!
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