Wir konnten reibungslos über die Grenze (mit einem „Visa on arrival“) fahren. Auf der laotischen Seite fielen uns gleich die vielen lächelnden Gesichter um uns auf, die von überall winkten. Eine Nacht schliefen wir noch in Houaxay, der Stadt von der aus das „slowboat“ geht. Am Abend lernten wir noch durch Zufall Thimo, einen Schweizer, kennen, der von der Schweiz aus genau wie Luis fast alles gefahren war, nur dass er auch noch längere Zeit in Nepal war. Er wollte auch am nächsten Tag das Slowboat nehmen und von Luang Prabang, wo das Boot ankommt, in den Norden von Vietnam weiterfahren.
Das Slowboat ist ein Boot, das 2 Tage lang, jeweils ab 8 Uhr früh den Mekong hinabfährt und die ideale Transportmöglichkeit in diesem dicht bewaldeten Gebiet, in dem es auch kaum Straßen gibt, darstellt. Wir hatten uns das Boot jedoch ein bisschen idyllischer vorgestellt als es letztendlich war. Engländer, Australier, Amerikaner, Franzosen, Deutsche und noch Leute aus vielen anderen Ländern waren auf dem Boot, die es zu einem Partyboot machten. Die meisten kannten sich schon zuvor aus verschiedenen Hostels und einige hatten eine riesige Styroporbox gefüllt mit Eis und geschätzten 40 Bierdosen dabei. Dementsprechend heiter war auch die Stimmung auf dem Boot. Einerseits war es schön, mal wieder ausgelassen mit anderen zu feiern und doch wurde ich dass Gefühl nicht los, dass das nicht richtig sei. Bei dem Boot war es so, dass 3/4 der Menschen vor dem Motor saßen und 1/4 hinter dem Motor. Hinter dem Motor war es so unfassbar laut dass man sich nicht mal anschreiend unterhalten konnte. „Natürlich“ saßen die Touris vorne und die Locals hinten. Die meisten Locals fahren mit diesem Boot nicht zum Spaß, sondern weil sie zum Beispiel zu einem Arzt müssen oder andere Besorgungen in der Stadt machen müssen.
Für kleine Kinder war es hinten definitiv zu laut, um schlafen zu können, also legten die Eltern sie nach vorne auf den Boden in eine Ecke. Die besoffenen Touris waren zu der Zeit schon völlig dicht, drehten laute Musik auf und sangen mit. So kam es dann z.B., dass fünf besoffene Australier einen knappen Meter von den schlafen Kids entfernt auf und ab sprangen. Dass klingt schon alles sehr negativ, aber im Ganzen war es trotzdem sehr cool mit dem Boot zu fahren. Immer wieder waren am Ufer kleine Sandbänke wo Familien ihre Kinder wuschen und die Männer angelten. Da habe ich richtig Lust bekommen, den Mekong mal selbst mit einem Boot hinab zu fahren, um auch in so autark lebende Gesellschaften Einblicke zu bekommen. Straßen gibt es dort nämlich nirgends, wenn man wohin will, dann mit dem Boot.
Da das Boot zwei Tage braucht, hielten wir eine Nacht in einem kleinem Ort. Zusammen mit Timo gingen wir nicht wie alle anderen in eine Unterkunft, sondern zu einem Tempel, in dem uns die Mönche einen Raum zum schlafen gaben.
In Luang Prabang angekommen, schauten wir uns die Stadt, welche zugleich die alte Hauptstadt von Laos war, an. Die Stadt hatte für uns einen ganz besonderen Vibe. Es wirkt alles entschleunigt und ruhig. Mitten in der Stadt ist ein riesiger Hügel bzw. Berg auf dem eine ziemlich große Tempelanlage ist. Als wir weiterfuhren verabschiedeten wir uns von Timo, der weiter nach Nordvietnam fuhr.
Wir mussten uns nun entscheiden, ob wir eine kürzere mehr befahrene Strecke oder eine längere mit deutlich mehr Höhenmeter fahren wollten. Da uns in der Radgruppe wirklich oft, aufgrund der vielen Trucks, die diese Route nehmen, von der kurzen Variante abgeraten wurde, entschieden wir uns für die härtere. Gleich ein paar Kilometer nach Luang Prabang rutschte ich von meinem Pedal ab und schlug mir meine gesamte Ferse auf. Ich entfernte den Dreck, desinfizierte, und verpacke alles staubdicht.
Die Aussicht in den Bergen war wirklich der Wahnsinn. Wir kamen auch ziemlich hoch hinauf, auf knappe 2000 Meter, und das sechs mal. Wie immer ist ein Land in einer Stadt nicht das Gleiche wie auf dem Land. Dort gibt es fast nie Touristen, keine Investoren und dementsprechend arm ist die Bevölkerung. Die meisten betreiben Subsistenz Wirtschaft. Hier sehen wir zum ersten Mal, dass Laos wirklich noch ein Entwicklungsland ist. Obwohl wir die Route nahmen, die weniger Trucks fahren, gab es immer noch zu viele von ihnen. Die Fahrer fahren dort fast immer mit voller Geschwindigkeit durch diese Dörfer durch und hupen anstatt zu bremsen, damit alle Platz machen. Oft sah ich Kinder auf der Straße beim Fahrradfahren Üben oder andere Sachen spielen und plötzlich hörte man ein Hupen und kurz darauf preschte ein viel zu schneller Truck durch das Dorf, wo gerade noch Kinder gestanden hatten und danach sah man wegen dem aufgewirbelten Staub für eine Minute nichts mehr. Später erfuhren wir, was wir uns schon gedacht hatten, dass dort auch wirklich viele Kinder sterben.
Nach viel Auf und Ab ging es dann endlich über einen kleinen letzen Hügel in das Flachland um Vang Vieng. Obwohl wir an diesem Tag schon 60 bergige Kilometer hinter uns hatten, entschieden wir uns, die restlichen 50 flachen Kilometer bis Vang Vieng durchzufahren. Die größte Herausforderung war dabei nicht die Kondition, sondern schlicht die ganze Zeit hochkonzentriert auf Schlaglöcher zu achten, die man trotz wirklich guter Stirnlampe nur sehr schwer und meist zu spät erkennt. Völlig durchgeschüttelt kamen wir in Vang Vieng, einer ehemaligen Hochburg für Touristen Partys und Drogen in Laos an. Consti fiel schon gleich müde ins Bett. Ich schaute mir noch das Feuerwerk zu „Chinese New Year“ an und verarbeitete den weiteren starken Kontrast auf meiner Reise.
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